10.05.2013 – Wonnemond Festival – Metalmond

 

Wonnemond Festival

Metalmond, 10.05.2013, Sebnitz

Wer neben den obligatatorischen Sommerfestivals noch Lust auf lauschige, familiäre Veranstaltungen hat, kann durchaus das eine oder andere Schmankerl finden. Das Wonnemond Festival am östlichen Rand der Republik bietet seit 2011 die Möglichkeit, das Wochenende nach Himmelfahrt bei gepflegter Beschallung in Ferienlageratmosphäre zu verbringen. Auch wenn sich die Anfahrt nach Sebnitz ein bisschen wie die Story für einen neuen „Wrong Turn“ Kinofilm gestaltet, entschädigt das Gelände im Wald mit toller Aussicht und beheiztem Bierzelt.

Irgendein auf Krawall gebürsteter Wettergott hat heute wohl vor, ein paar Metalheads zu ertränken. Glücklicherweise hört es dann doch endlich auf zu regnen, NEVERTRUST können aber erst mit einstündiger Verspätung auf die Bühne. Die Dresdner erfreuen mit ihrem „Alternative Metal“ genannten Stilmix das noch spärlich vorhandene Publikum.

THE LAST HANGMEN haben erst einmal viel Spaß beim Soundcheck und können dann doch schon ein paar Wagemutige vor die Bühne locken. Kein Wunder, denn die Band hat sich bereits eine Fanbase erspielen können, die nicht nur die Aufnahme des letzten Longplayers „Executing Empires“ via Crowdfunding finanziert hat, sondern die Dresdner auch live tatkräftig unterstützt. Geboten wir melodischer Death Metal skandinavischer Prägung, der gekonnt zwischen Härte und Eingängigkeit pendelt und mindestens zum mitwippen animiert.

Gibt es in Dresden eigentlich ein Nest sehr aktiver, melodisch angehauchter Death Metal Bands? KORPUS marschieren in eine ähnliche Richtung wie ihre Kameraden von THE LAST HANGMEN, verwenden aber neben den typischen Growls auch hin und wieder Screams und Klargesang. Ungewöhnlich sind auch die komplett in deutsch gehaltenen Texte – bei Bands dieser musikalischen Ausrichtung hat so etwas eher Seltenheitswert. KORPUS haben heute den einen oder anderen Nackenbrecher im Gepäck, ein trinkhornbewehrtes Duo mit rot-schwarzer Kriegsbemalung freut sich über die paganen Momente in ‚Mein Herz Ist Mordor‘. Auch der Rest des vor den Bühne versammelten Publikums hat sich inzwischen warmgefeiert.

Eigentlich weiß es ja jeder: Schlamm gehört zu Festivals dazu und beheizte Bierzelte sind gar nicht Heavy Metal. Schon gar nicht mit Sitzbänken! Aber es ist einfach gemütlich…
Auch bei APATHIE finden sich zunächst erst wenige Wagemutige vor der Bühne ein. Dabei bietet das Trio einen Kontrast zum bisherigen Programm: Schneidend kalter, schnörkelloser Black Metal im Stile der Neunziger Jahre, natürlich garniert mit jeder Menge Corpsepaint und Blut. Selten nehmen die Dresdner den Fuß vom Gas, hier dominieren Blastattacken und hasserfülltes Kreischen. Atmosphärischer wäre natürlich ein Auftritt ganz ohne Tageslicht gewesen, aber auch die einbrechende Dämmerung wirkt allemal besser als helles Tageslicht.

KADAVRIK sind an diesem Abend die erste Band, die nicht aus Dresden stammt. Geboten wird hochklassiger, melodischer Death Metal der das Herz jeden Fans der Göteborger Schule höher schlagen lässt. Im Laufe der Jahre hat der Fünfer den eigenen Stil immer weiter entwickelt und verfeinert, melodische Gitarrenläufe verbinden sich mit schwarzmetallischen Einlagen und dezenten Keyboardklängen. Dass die Band schon seit einigen Jahren zusammen auf der Bühne steht, macht sich positiv bemerkbar: Natürlich routiniert, aber trotzdem mit jeder Menge Herzblut spielt sich der Fünfer durch ein Set, welches kaum Wünsche offen lässt. Harsche Midtempo-Stampfer wie ‚Legacy‘, die Ballade ‚On The Edge To Lose It All‘ oder ‚Open Wounds In Salted Sea‘ vom kommenden Album bieten jede Menge Abwechslung, wie gewohnt gibt es auch auf der Bühne jede Menge Bewegung und Showeinlagen (auch wenn Bassist Olli heute unfairerweise im Dunkeln stehen muss).

Die Uhrzeiger marschieren eilig Richtung Mitternacht, auch ist es spürbar kühler geworden. Trotzdem wünschen sich EIS mehr Kälte. Hat man da noch Worte? Passenderweise liefert man diese gleich selbst: Böiger Wind pfeift dem Hörer schon beim Intro von ‚Mann Aus Stein‘ um die Ohren. Der Song selbst wie auch das gesamte „Wetterkreuz“ Album verbreiten eine derart majestätische Kälte, dass es jeden Schweizer Gletscher vor Neid erblassen lässt. In kurzer Zeit kann man auch das bis dahin eher zurückhaltende Publikum mitreißen und endlich aus dem Zelt locken. Kein Wunder, die Band zeigt sich heute hochmotiviert und in Bestform, vergisst neben den neuen Songs auch Klassiker wie ‚Winters Schwingenschlag‘ nicht. Zum Höhepunkt der Show wird aber ‚Helike‘ – Veranstalter Olli übernimmt den Gesang, wohlgemerkt, ohne vorherige Probe! Diese Aktion verdient großen Respekt und wird dementsprechend mit Applaus honoriert. Nach dem ebenfalls umjubelten ‚Kainsmal‘ drängt sich vielen Zuschauern der Gedanke auf, dass der Headliner gerade gespielt hat. Die Stimmung kann jedenfalls heute niemand mehr toppen.

Ob es nun an der späten Stunde liegt oder den alkoholbedingten Ausfällen zu verdanken ist: Bei POSTMORTEM ist spürbar weniger los. Aber getreu dem Motto: „Nur die Harten sind im Garten“ bangt der harte Thrasher eben auf den Knien, wenn es nicht mehr anders geht. Wenn POSTMORTEM etwas perfektioniert haben, dass ist es Zerstörung. Urgewaltig und primitiv zerren die Riffs an der Nackenmuskulatur, hier gibt es nichts Filigranes, Schöngeistiges: die Berliner sind einfach eine brutale Kriegsmaschine, die den Hörer plättet und gebrochen zurücklässt. Fronter Matthias Rütz tut alles, um die letzten Kräfte der Zuschauer zu mobilisieren. Im Gepäck hat man jede Menge Munition größerer Kaliber aus ihrer umfangreichen Diskografie, neuere Stücke wie ‚Santa Muerte‘ sind ebenso vertreten wie ‚Bleeding‘ von „Repulsion“, das mittlerweile schon über 14 Jahre auf dem Buckel hat. So beweisen POSTMORTEM zu fortgeschrittener Stunde noch einmal eindrucksvoll, wo der Hammer hängt und geben dem Wonnemond Festival einen würdigen Abschluss.

Eigentlich bleiben auch kaum Wünsche für 2014 offen. Neben dem Wetter, welches sich sowieso nicht beeinflussen lässt, kann man sich lediglich mehr musikalische Abwechslung wünschen. Vielleicht etwas traditionellen Heavy Metal? Ansonsten gibt es eigentlich keinen Grund zu Beanstandungen, und wenn es Zeit und Geldbeutel zulassen, kann man Sebnitz ruhigen Gewissens einen Besuch abstatten.

Text: Astrid Benitsch

 Veröffentlicht von am 13:42

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